Employer Value Proposition – Bedeutung und Entwicklung

DNA in bunten Farben

Jedes Unternehmen braucht sie: eine Employer Value Proposition. Sie wirkt nach innen wie nach außen und ermöglicht Arbeitgebern, sich gegenüber Talenten zu positionieren und gegenüber den Wettbewerbern zu differenzieren.

Erklärung: Was ist die Employer Value Proposition?

Die Definition lautet: Die Employer Value Proposition (EVP) muss ein belastbares Versprechen für aktuelle und zukünftige Mitarbeitende sein.

Wofür ein Arbeitgeber steht, was ihn von anderen abhebt, was er Talenten im Austausch gegen ihre Fähigkeiten bietet, all das steckt in der EVP.

Die Employer Value Proposition wirkt nach innen und nach außen. Nach außen gibt sie Arbeitgebern Kontur, hilft ihnen, Talente von sich zu überzeugen, indem sie sich als einzigartiger Arbeitgeber positionieren. In einem Markt, in dem Talente immer rarer und gleichzeitig anspruchsvoller werden, ist dieser Aspekt von zentraler Bedeutung.

Nach innen ist die EVP Richtschnur für alle grundsätzlichen künftigen HR-Entscheidungen. Was ein Arbeitgeber in Form seiner EVP verspricht, muss authentisch sein, also zum Verhalten der dort Mitarbeitenden passen.

Employer Value Proposition und Employer Branding

Ein Unternehmen hat eine Brand, eine Unternehmensbrand, eine Produktbrand. Jetzt auch noch eine Employer Brand? Genau. Sie ist nichts gesondertes, will – das drückt sich in der Employer Value Proposition aus – lediglich eine andere Zielgruppe erreichen, und stellt damit bestimmte Facetten des Unternehmens in den Vordergrund.

Ein Beispiel: Sie spenden an Greenpeace und stoßen in der Münchner Innenstadt zufällig auf eines deren Gebäude – in Bestlage, mehrstöckig, mit mondäner Fassade. Passt irgendwie nicht zusammen.

Oder: Hat ein Unternehmen eine EVP, die auf innere Einkehr setzt, macht aber laute, spektakuläre Werbung (wie etwa Red Bull), fällt es schwer, der “leisen” Positionierung zu trauen.

Eine Employer Value Proposition entwickeln

Zum einen beschreibt die Employer Value Proposition die DNA der Organisation, also ihren IST-Zustand. Zum anderen ist die EVP zukunftsgewandt und beschreibt, wie sich das Unternehmen entwickeln soll. Zukunftsgewandt meint nicht die diffuse Zukunft 2050, sondern das, was eine Organisation als Nächstes macht, was ihr Plan ist.

Seit mehr als zehn Jahren entwickeln, schärfen, formulieren wir für Organisationen ihre EVP. Dabei fokussieren wir auf drei Dimensionen, die aus unserer Sicht eine EVP untergliedern:

  • Dimension 1: Identität (Wer sind wir?)

Die Identität ist schwer änderbar, sie beschreibt, was ein Unternehmen im Kern ausmacht. Dazu gehört der Unternehmenszweck und die Geschichte der Organisation (wo komme ich her?), weil diese Auswirkungen auf den IST-Zustand und die Weiterentwicklung des Unternehmens hat.

Beispiel: Elon Musk kommt aus dem Software Bereich. Dort ist es üblich, ein Produkt auf den Markt zu schmeißen und, wenn etwas nicht funktioniert, Updates zu machen. Bei einem Auto geht der Kunde allerdings davon aus, dass es von Anfang an funktioniert – eine ganz andere Anspruchshaltung steckt dahinter. ‘Trial & error’, wie es Tesla parktizierte, stand im scharfen Kontrast zum Prinzip der klassischen Automobilhersteller in Deutschland.

  • Dimension 2: Anspruch (Wie werden wir sein?)

Warum treten wir an, was wollen wir, wofür stehen wir? Gemeint ist, was uns stetig motiviert. Beim Anspruch handelt es sich um eine strategische Zielsetzung – von ihm sollte nicht abgewichen werden, er kann sich aber verändern, wenn es gute Gründe dafür gibt.

Ein Beispiel aus der Schulzeit: Es gab die, die zusammenbrechen, wenn sie eine 2 haben und die, die jubeln, wenn sie eine 3 haben. Objektiv ist das eine gut, das andere befriedigend, subjektiv ist es eine völlig andere Geschichte.

Anspruch kann auch heißen, dass ich mich als Unternehmen mächtig anstrenge, um etwas zu erreichen, was ich noch nicht bin. Beispiel: Aldi goes bio. Anfangs hat man es dem Discounter nicht ganz abgenommen … Bio-Qualität bei den Preisen. Inzwischen bringen Kunden das ohne Probleme zusammen.

  • Dimension 3: Haltung (Wie tun wir Dinge?)

Die Haltung ist in erster Linie von der Führung und in zweiter Linie davon, wie sich Mitarbeitende verhalten, abhängig. „Wie tun wir Dinge?”, ist eine zentrale Frage, und schließt Tradition mit ein. „Wir waren bereits nachhaltig, bevor es das Wort gab. Bio seit 25 Jahren.“ Damit warb der Biomarkt ‘BioCompany’ vor einigen Wochen und bringt Haltung auf den Punkt.

Ein Beispiel für ‘Haltung = Verhalten’: In einem Fünf-Sterne-Hotel kann man als Gast davon ausgehen, dass ein Fehler schnell behoben oder wiedergutgemacht wird, etwa in Form einer Flasche Champagner. In einem Autobahnrasthofhotel würde ein Gast darauf wohl umsonst warten müssen.

Eine Haltung kann man anpassen, das erfordert jedoch einen größeren Aufwand und Organisationsentwicklung. Ein noch junges Beispiel dafür wäre die Einführung der Remote-Arbeit im Zuge der COVID-19-Pandemie.

Beispiele für die Employer Value Proposition

Jedes Unternehmen ist anders, daher macht es eigentlich wenig Sinn, auf andere EVPs zu schauen. Eine – Absender unbekannt – teilen wir hier, um zu zeigen, wie eine Employer Value Proposition aufgebaut und formuliert sein kann:


„Wir lieben knifflige Aufgaben.“

Uns sind keine Grenzen gesetzt: Mit einem einzigartigen Team, das liebt, was es tut und das in der Lage ist, gemeinsam Unlösbares zu lösen. [Mit dem Ziel, aus dem Vertrieb unseren Kunden ein echt digitales Kundenerlebnis zu ermöglichen, sind wir zu einer der führenden europäischen Softwarefirmen unserer Branche geworden.]* [Doch das reicht uns noch nicht.
Wir sind auf dem Weg Europas Nr. 1 zu werden.]** Wir wissen, dass unsere Mitarbeiter der Schlüssel zur Verwirklichung unserer Ziele sind. Deshalb geben wir ihnen die Freiheit, zu experimentieren, Dinge zu hinterfragen und zu gestalten. Wir weisen die Richtung und gemeinsam machen wir uns auf den Weg.
[Die wichtigsten Rahmenbedingungen dafür: Flexibilität und Exzellenz – in aller Konsequenz. Dadurch entstehen selbstorganisierte Teams, die über sich hinauswachsen.]***
Wir sind stolz auf unsere flachen Hierarchien und einen Spirit, der alle verbindet

Identität*
Anspruch**
Haltung***
(Das sind die drei Dimensionen, die eine EVP konstituieren.)

Benefits kommen in der Employer Value Proposition nicht vor, bzw. nicht direkt. Auf indirekte Weise stecken sie drin, denn Arbeitgeber verraten das ‘Warum’ dahinter. In obiger Beispiel-EVP ist von Flexibilität und Exzellenz die Rede. Was das Unternehmen dafür tut, damit diese Versprechen bzw. Werte zur Entfaltung kommen, kann sich in Benefits niederschlagen. Während sich Benefits im Lauf der Zeit verändern können, ist die Haltung etwas Beständiges..

Wer entwickelt die Employer Value Proposition?

Die zentralen Verantwortlichen sind HR, Marketing und die Geschäftsführung. Es empfiehlt sich externe Experten hinzuzuziehen, die von außen auf die Organisation blicken. Denn, wer Teil eines Systems ist, tut sich schwer, das System als Ganzes zu beurteilen. Unbedingt braucht es die Insights und das Mitwirken der Mitarbeitenden – sie wissen Dinge, die nirgends geschrieben stehen, die im täglichen Miteinander passieren und unterschwellig Kultur prägen.

Die konkrete Ausarbeitung der EVP erfolgt gemeinschaftlich, unter Mitwirkung externer Experten. Sie bringen Markterfahrung mit und ein Gespür für relevante Themen und Botschaften. Für Mitarbeitende ist oft selbstverständlich, was ein Außenstehender als differenzierend auffasst. Blinde Flecken, versteckte Potentiale, all das vermag ein externer Experte leichter wahrzunehmen.
Wie kommt man zu den Informationen für die Employer Value Proposition?

Ein zentraler Teil der EVP-Entwicklung ist die Analyse. Nur mit ihr lässt sich eine EVP entwickeln. Dazu werden werden interne und externe Fakten zusammengetragen:

  • Zahlen zum Markt und den Zielgruppen
  • Stimmen der Mitarbeitenden und Führungspersonen
  • Kennziffern zum Stimmungsbild (Fluktuation, Krankenstand, Produktivität etc.)

… und alles, was Rückschlüsse auf die Arbeitgeberkultur erlaubt.

Kultur muss sich nicht zwangsweise differenzieren.

Wenn zwei Unternehmen eine ähnlich großartige Kultur haben, ist das völlig in Ordnung. Was einzigartig und differenzierend sein sollte, ist die Kommunikation. Und nicht zuletzt das Handeln – immerhin beweist sich hier die Glaubwürdigkeit.

Was kommt nach der Employer Value Proposition?

Die EVP in den Händen … jetzt wird’s konkret. Es gilt, das Unternehmen und die Personalarbeit daraufhin zu überprüfen, zu eruieren, was konkret getan werden kann, um die Versprechen, die in der EVP stecken, einzulösen. Auch hier spielt die Stimmung eine Rolle. Wenn HR erfährt, dass in mehreren Abteilungen der Teamspirit verloren gegangen ist und die Qualität der Zusammenarbeit leidet, ist wohl nicht der richtige Zeitpunkt, um Remote Work auszuweiten.

Inwiefern das, was die EVP verspricht, schon gelebt wird, bestimmt über den Handlungsbedarf des Arbeitgebers. Es kann sein, dass ein Review der Benefits ansteht, es kann aber auch sein, dass es um Organisationsentwicklung geht. Etwa, wenn Mitarbeitende besser verstehen sollen, wo es hingeht, um an einem Strang zu ziehen. Dann käme die interne Kommunikation auf den Prüfstand: Ist Intranet womöglich nicht ausreichend, um Mitarbeitende zu erreichen? Sollte die Kommunikation dialogorientierter werden, die Geschäftsführung stärker einbinden? Diese Fragen verraten, dass die Employer Value Proposition nichts ist, was man schnell “erledigen” kann. Vielmehr leitet sie einen Prozess ein, der Zeit in Anspruch nimmt.

Braucht jeder Arbeitgeber eine Employer Value Proposition?

Es gibt heutzutage keine Ausrede mehr, sich nicht mit der Employer Value Proposition (und übergeordnet mit Employer Branding) auseinanderzusetzen. Und zwar nicht erst, wenn man eine bestimmte Unternehmensgröße erreicht hat oder wenn HR meldet, dass die Anzahl der Bewerbungen zurückgeht. Sobald ein Arbeitgeber in Erscheinung tritt, hilft es, eine EVP als Richtschnur in den Händen zu halten.

Eine Ausnahme mag es geben: Hat ein Arbeitgeber ausschließlich höchst motivierte Mitarbeitende, kann sich vor Bewerbern kaum retten und verzeichnet eine Weiterempfehlungsrate von 100 Prozent, dann braucht er sich über seine EVP erst einmal keine Gedanken machen.

Fazit

Keine Employer Brand ohne EVP, das zu ihrer Wichtigkeit. Sie ist das Fundament für alle weiteren Employer Branding Maßnahmen, immer unter der Berücksichtigung der Stimmung innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Kontexte ändern sich, was Arbeitgeber herausfordert, anpassungsfähig zu bleiben. Die EVP jedoch ist eine Konstante. Das, was in ihr steckt – Haltung und Anspruch – trägt Unternehmen auch durch Krisenzeiten. Authentizität beweist sich genau dann. Die EVP muss belastbar sein, sich im Handeln wiederspiegeln. Dort liegt für Arbeitgeber die Chance der Differenzierung.


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Tags: Anspruch, Arbeitgebermarke, employer branding, employer value proposition, EVP, Haltung, IDentität, Talente
vom 28.04.2023 / © VonVorteil