„… die Rollenverteilung zwischen Beratungs- und Agenturszene ist klar.”
Das skandierte zuletzt Ralf Strehlau (51), Präsident des Bundesverbands Deutsche Unternehmensberater (BDU). Im Interview spricht er über die potentiellen Überlappungen der Tätigkeiten von klassischen Unternehmensberatungen und Agenturen.
Seiner Meinung nach fehlt Agenturen der strategische Weitblick, um mit Veränderungen im Geschäftsmodell oder der Gesamtsituation eines Unternehmens am Markt umzugehen. Sind Agenturen also nicht die kommende Konkurrenz, sondern lediglich der ausführende Partner einer Unternehmensberatung?
Dieses Thema ist nichts Neues, allerdings gewinnt es wieder zunehmend an Relevanz. Unternehmensberatungen erweitern ihr Portfolio und erschließen neue Geschäftsfelder. Vor allem im Zuge der Digitalisierung bieten sie daher zunehmend klassische Agenturleistungen mit an.
Im Zweifelsfall wird auch eingekauft: Accenture hat sich beispielsweise die Agentur Sinner-Schrader aus Hamburg einverleibt. Es ist also vor allem, was die Themen rund um die Digitalisierung angeht, fraglich, ob die Aussage Herrn Strehlaus in dieser Form stimmt.
Auch wenn er grundsätzlich nur Bezug auf Marketingagenturen nimmt, zeigt dies einmal mehr, was sich seit einiger Zeit abzeichnet: Viele Agenturen können mittlerweile das bieten, was die Unternehmensberatung auch kann. Die logische Konsequenz ist, dass Agenturen mittlerweile auch anders aufgestellt und ihre Arbeitsweisen struktur- und prozessorientierter geworden sind.
Die bestehenden Rollenverteilungen werden folglich zunehmend obsolet.
Vor allem im Bereich Employer Branding wird eines deutlich: Wer es richtig macht, der muss ein Unternehmen strategisch beraten und das hat umfassende Auswirkungen auf vielerlei Bereiche.
Das Spektrum der Tätigkeiten reicht von der (Re-)Definition bzw. Neuaufladung der Werte eines Unternehmens bis hin zu neuer Firmenkultur, höherer Leistungsbereitschaft oder einem neuen Unternehmensimage. Eine groß angelegte Kampagne ist daher oftmals eher ein Nebenprodukt und die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs.
Genau das, was auch Herr Strehlau im Interview als klassische Kompetenz der Unternehmensberatung sieht, wird von progressiven Agenturen umgesetzt. Die Frage ist lediglich die Intention, mit der Ziele verfolgt werden.
Bleiben wir beim Beispiel der Employer Branding Agenturen: Employer Branding ist kein reines HR-Thema, sondern erfordert umfassendes Engagement und Einbindung aller relevanten Stellen im Unternehmen. Projekte in diesem Bereich müssen ganzheitlich angegangen werden.
Das heißt, dass im Optimalfall Unternehmensführung und Vertreter aus den Bereichen HR, Kommunikation, Marketing oder Unternehmensentwicklung an einem ersten KicK Off Workshop teilnehmen und den Prozess bis hin zur konkreten Umsetzung begleiten. Unter diesen Voraussetzungen funktioniert Employer Branding am besten. Schließlich geht es dar-um einen wichtigen Teil der Unternehmensmarke aufzubauen.
Ob man sich selbst als Beratung oder Agentur tituliert ist im Grunde irrelevant. Salopp gesagt, denken die einen manchmal zu sehr in Prozessen und die anderen in zu vielen Bildern oder Texten. Die richtige Agentur kann allerdings durchaus in direkte Konkurrenz zu Unternehmensberatungen treten und steht diesen in nichts nach.
Dieser Artikel ist ebenfalls in der Huffington Post zu lesen.