Deutscher Mittelstand: Wie er im Fachkräftemangel bestehen kann

Laut Studie haben die 26 größten Familienfirmen von 2011 bis 2020 mehr als 267.000 neue Stellen geschaffen; die Dax-Konzerne 48.000.

Wie kann es sein, dass für Talente – die bekanntermaßen die Macht auf dem Arbeitsmarkt haben – Großkonzerne noch immer mehr Anziehungskraft hat als mittlere Unternehmen?

 

Deutscher Mittelstand vs. Großunternehmen

 

Ist es die Bekanntheit, die vermeintlich höheren Gehälter, das Versprechen von mehr Sicherheit? Dieser Artikel handelt davon, dass es der Deutsche Mittelstand mit großen Unternehmen durchaus aufnehmen kann, und in der einen oder anderen Hinsicht (potenziellen) Mitarbeitenden sogar mehr zu bieten hat.

 

Talente wollen Arbeitsplatzsicherheit. Der Mittelstand bietet sie

 

Nichts ist Talenten so wichtig wie Sicherheit, darin stimmen sämtliche Studien überein. Einmal mehr in Zeiten der Multi-Krisen (Ukraine, Nahost, Klimawandel, Inflation usw.).

Bis jetzt stand Konzern für Sicherheit. Die haben Größe, Geld und Geschichte.

Doch wie passt dazu, dass 2023 vor allem Tech-Giganten á la Alphabet, Microsoft oder Amazon reihenweise Mitarbeitende entlassen haben?

Oder, um weg vom angelsächsischen Raum (wo nach dem Prinzip ‘hire and fire‘ gewirtschaftet wird) nach Kontinentaleuropa zu gehen: Auch SAP strich 2023 ein paar tausend Stellen. Um schlanker zu werden und den Gewinn zu steigern.

Klar, auch mittelständische Unternehmen können gezwungen sein, Personal abzubauen. In der Regel aber nur, wenn sie von wirklich fetten Krisen gebeutelt werden. Die haben nämlich oft erstaunlich gut vorgesorgt, mit langen Bestellketten und vollen Auftragsbüchern. Zudem haben sie eine Unternehmensleitung, für die persönliche Verantwortung eine völlig andere Nummer als für einen bestellten CEO ist.

Bevor einzelne Mitarbeitende gehen müssen, wird evaluiert, was die Gemeinschaft tun kann, um Derartiges abzuwenden. Das Individuum zählt, ist keine Nummer, was nach Klischee klingt, aber Realität in diesen Firmen ist.

 

Womit der Mittelstand punkten kann: interne Weiterbildung

 

Das macht sich auch in der Personalentwicklung bemerkbar. Früher gab es so was in mittelständischen Unternehmen nicht oder kaum. Doch die Unternehmen haben gemerkt, dass bzw. wie wichtig die Förderung ihrer Angestellten ist. So wird im Mittelstand deutlich mehr intern weitergebildet als in Konzernen – teilweise aus der Not heraus, weil sie mit denen arbeiten müssen, die da sind. Das führt dazu, dass Mitarbeitende nicht gleich ersetzt werden, wenn sie etwas nicht (ausreichend) können. Sie werden geschult und auf diese Weise länger ans Unternehmen gebunden. Ein relevanter und mitunter kostengünstiger Hebel, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Ein Konzern kann schnell jemand neuen einstellen, denn eine schillernde Brand zieht leichter Talente an. Ein Mittelständler tut sich da schwerer – die sind oft unbekannt und zudem irgendwo in der Provinz angesiedelt.

In diesem Artikel erfahren Sie, welche Hebel Unternehmen in Deutschland gegen den Fachkräftemangel im Mittelstand in Bewegung setzen können.

 

Was in mittelständischen Unternehmen möglich ist: schneller Aufstieg

 

Zum Beispiel der Schiebetür-Hersteller dormakaba, mit Sitz in Ennepetal. Wer will schon dorthin? Aus einem Kundenprojekt wissen wir von einer Bachelor-Absolventin, die dort als Junior angefangen hat und inzwischen Teil des Vorstandes ist. In einem internationalen Unternehmen. Das darf man nämlich auch nicht vergessen: Die meisten Mittelständler agieren, wie dormakaba, weltweit.

Bei Siemens wäre ein derartiger Aufstieg wohl kaum machbar gewesen.

In mittelständischen Firmen kann man richtig schnell richtig weit kommen, auch weil viele ein Nachfolgeproblem haben. Während früher Spitzenpositionen an die Kinder übertragen wurden, haben die heute oft keine Lust mehr nachzurücken. Oder, auch das ist immer wieder der Fall, es gibt gar keine Kinder, die folgen könnten.

 

Der Mittelstand kann Agilität

 

Wer nicht gleich nach ganz oben strebt, kann auch kleinere Sprünge machen. Projekt-, Abteilungs-, Standortleitung – im Mittelstand ist das viel schneller erreichbar als im Konzern. Nicht nur auf individueller Ebene ist Vieles möglich; Mittelständler als Ganzes sind oft viel agiler als Konzerne. Die können umlenken und ausprobieren ohne Strukturen aufbrechen oder neu aufsetzen zu müssen. Was auch in Krisenzeiten hilft, wenn Alt Bewährtes nicht mehr zu funktionieren scheint.

 

Fazit

 

Dass große Konzerne teilweise Rahmenbedingungen schaffen können, die nachzuahmen für den Mittelstand schwierig bis unmöglich sind, ist unbestritten (internationale Karriere, üppige Gehälter, Benefits wie hauseigene Kitas usw.). Doch nachahmen muss gar nicht sein; wenn sich der Mittelstand auf seine Stärken besinnt (familiäre Atmosphäre, Tradition, “der Mensch im Mittelpunkt” etc.) und diese mit Stolz nach außen trägt, kann er im Kampf um Talente durchaus bestehen. Vor allem die jüngere Generation setzt bei der Jobsuche Prioritäten, die sich im Mittelstand widerfinden: Individualität, Gemeinschaft, Zusammenhalt. Die totale Sicherheit gibt es heute nirgendwo. Fest steht aber, dass die alte Gewissheit ‘big is beautiful‘ so nicht mehr gilt.

 

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Tags: Arbeitgeberattraktivität, Fachkräftemangel, Mittelstand
vom 08.03.2024 / © VonVorteil